Beschluss des Agrarausschusses zur betäubungslosen Ferkelkastration enttäuschend und gefährlich
Zu dem gestern gefassten Beschluss des Ausschusses für Agrarpolitik und Verbraucherschutz zur betäubungslosen Ferkelkastration sagt Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast:
Über den gestrigen Beschluss bin ich maßlos enttäuscht, weil ein Verzicht auf die Fristverlängerung für viele Familienbetriebe das Ende der Sauenhaltung bedeuten würde.
Der Tierschutz in der Tierhaltung ist mir ein wichtiges Anliegen – der Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration muss so zügig wie möglich erfolgen. Derzeit ist es jedoch aus verschiedenen Gründen noch nicht möglich, die bekannten Alternativen der Ferkelkastration ohne Betäubung flächendeckend umzusetzen. Niedersachsen setzt sich daher weiterhin dafür ein, dass bei Ferkeln eine Kastration ohne Betäubung für eine begrenzte Zeit weiterhin zulässig ist.
Der Tierschutz würde bei einem Verzicht übrigens auch nicht gewinnen: Wer Ferkel aus dem Ausland bezieht, nimmt lange Transportwege in Kauf und hat kaum Kontrollen darüber, unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten und kastriert wurden. Auch deshalb ist es unser klares Ziel, dass es weiterhin Ferkel aus Niedersachsen gibt und nicht nur aus Dänemark oder den Niederlanden.Der Hintergrund:
Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz des Bundesrates hat gestern beschlossen, dem Bundesrat zu empfehlen, einen Gesetzesentwurf auf eine Fristverlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration nicht einzubringen. Hintergrund des Beschlusses ist die Tatsache, dass es im Ausschuss für keinen der gestellten Anträge eine Mehrheit gab. Niedersachsen hatte den Antrag gestellt, dass das betäubungslose Kastrieren bei Ferkeln übergangsweise für drei Jahre weiterhin zulässig ist. Denn: Diese Verschiebung würde es ermöglichen, die Ergebnisse der derzeit laufenden Studien auszuwerten, in die Praxis umzusetzen ….
Die nächste Sitzung des Bundesrates findet am 21. September statt.Die Branche will die bestmögliche Alternative für die Tiere und die Verbraucher.
Alle bisherigen Alternativen weisen offene Fragen auf und konnten bislang trotz einer Vielzahl an Projekten nicht zufriedenstellend – auch im Sinne des Tierschutzes - beantwortet werden. Hinzu kommt, dass es bis heute an Abnahmegarantien durch den LEH in einer Großenordnung fehlt, die allen Ferkelerzeugern eine Option für Anfang 2019 böte, ohne dass Tiere quer durch Deutschland transportiert werden müssen.
Pragmatischer gehen hier Dänemark und Schweden vor. Nach entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen dürfen Landwirte unter Anleitung von Tierärzten eine lokale Gewebebetäubung setzen - wie beim Zahnarzt. Nach Expertenmeinung wäre ein wirksamer Betäubungseffekt sogar intradermal erreichbar (siehe Top Agrar 8/2018, Delbeck et al.). Hierzu wären eigene Projekterfahrungen dringend erforderlich. Das haben mittlerweile auch die drei großen Schlachtunternehmen erkannt, die sich für alternative Lösungen zu den bisherigen drei Verfahren aussprechen.