Herausforderungen einer Nachhaltigkeitsbewertung in der Nutztierhaltung
Viele planetare Grenzen, wie z. B. Klima, Biodiversität oder Nährstoffkreislaufsysteme sind in ihrer ökologischen Belastbarkeit bereits überschritten. Kaum ein Landwirt kommt an einer noch nachhaltigeren Ausrichtung seines Betriebes vorbei
, machte Prof. Enno Bahrs, Agrarökonom der Universität Hohenheim, anlässlich der Fachtagung des Bundesverbands Rind und Schwein 2023 in Bad Wildungen deutlich. Zwar fuße Nachhaltigkeit auf den Säulen Ökologie, Soziales und Ökonomie; sie könne jedoch für jeden Betrieb je nach Region und Ausrichtung sehr unterschiedlich aussehen. Je nach festzulegendem Indikator innerhalb dieser Säulen können sich auch Zielkonflikte ergeben. So stehen beispielsweise Natur- und Umweltschutz in der landwirtschaftlichen Erzeugung den gesellschaftlichen Forderungen nach gesunden, bezahlbaren und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln gegenüber. Der Agrarökonom geht daher davon aus, dass die Festlegung von Indikatoren in den drei Säulen der Nachhaltigkeit anfänglich ohne blaue Flecken für einzelne Beteiligte nicht zu haben sei. Das zeige z.B. die Bedeutung des Tierwohls für die Gesellschaft; ein Kriterium, das Bahrs der Säule Soziales
zuordnet. Auch müsse davon ausgegangen werden, dass mehr Nachhaltigkeit auch für höhere betriebswirtschaftliche Kosten, aber idealerweise für geringere volkswirtschaftliche Kosten sorge. Steigende Dokumentationspflichten können z.B. durch technische Lösungen aufgefangen werden.
Die EU strebt auch bei der Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen höhere Nachhaltigkeitsstandards an. Dies sei ein wichtiger Schritt, meint Bahrs, da derzeit eine Vielzahl von Labeln die Verbraucher verwirre und eine angemessene Transparenz nicht gegeben sei. Wenn es gelänge, ein EU-weites einheitliches Nachhaltigkeitslabel zu etablieren, seien unklare Aussagen über die Umwelt-/Naturvorteile von Produkten und Dienstleistungen künftig besser vermeidbar.
Die Taxonomieverordnung ist mit den Grundsätzen einer nachhaltigen Finanzierung nach Meinung des Agrarökonomen eine wesentliche Maßnahme zur Umsetzung und Finanzierung einer nachhaltigeren Wirtschaft in der EU. Allerdings betont der Fachmann ausdrücklich, dass grünes Handeln auch wirtschaftlich sein müsse, um der Gesellschaft langfristig nachhaltig dienlich sein zu können
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