Kastration: Bundes- und EU-weit einheitlich schulen
Vierten Weges, der Lokalanästhesie, als Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration wird in der Praxis immer lauter. Denn die drei bisher anerkannten Verfahren, Ebermast, Improvac-Behandlung und Vollnarkose per Nadel oder Isofluran-Inhalationsnarkose, werden bis zum 1. Januar 2019 allein nicht flächendeckend zum Einsatz kommen können.
Um rechtzeitig vorbereitet zu sein, haben die Schweinegesundheitsdienste Bayern und Niedersachsen zum Vierten Weg
bereits erste Schulungskonzepte erarbeitet. Die Vorschläge lehnen sich eng an die Erfahrungen in Schweden und Dänemark an. Experten warnen jedoch vor individuellen, lediglich regional gültigen Konzepten, die vom Wohlwollen und der Erfahrung des jeweiligen Kreisveterinärs abhängig sein könnten.
Wir brauchen bundes- und EU-weit einheitliche Schulungs- und Anerkennungsverfahren, die Landwirten und Tierärzten entsprechende Verfahrens- und Rechtssicherheit bieten
, brachte es die Vorstandsvorsitzende der Europäischen Bildungsgenossenschaft EQA sce
, Prof. Dr. Brigitte Petersen, am Dienstag in Ostbevern bei Münster auf den Punkt. Das noch junge Startup-Unternehmen EQA sce, das aus einer Initiative der Uni Bonn hervorgegangen ist, hat sich zum Ziel gesetzt, bundes- und europaweit einheitliche Schulungs- und Fortbildungskonzepte für Landwirte und Tierärzte zu entwickeln. In dieser Woche hatte die EQA sce
Tierärzte, Vertreter von Erzeugergemeinschaften, Verbandsvertreter, Dienstleister, Softwareentwickler und Wissenschaftler in ihre Seminarräume ins Münsterland eingeladen, um gemeinsam über Konzepte für Sachkundenachweise zu Eingriffen am Tier
zu diskutieren.
Den Auftakt soll ein bundesweit gültiger Sachkundenachweis zur Ferkelkastration machen. Hier drängt die Zeit besonders, denn bis zum Inkrafttreten des Verbots der betäubungslosen Ferkelkastration verbleiben nur noch 187 Tage. Wir wollen uns bei der Anerkennung von Qualifizierungsangeboten ganz bewusst nicht nur auf eine einzige Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration beschränken, sondern den Landwirten alle Optionen offenhalten
, stellte EQA-Vorstandsmitglied Dr. Susanne Lehnert klar. Und dazu gehöre neben Ebermast, Improvac-Behandlung und Vollnarkose eben auch die Lokalanästhesie, zu der zurzeit bundesweit etliche Forschungsprojekte laufen.
Angepeilt wird ein zweistufiges Verfahren zum Erlangen eines Sachkundenachweises, das aus einem theoretischen und einem praktischen Teil besteht. Das theoretische Wissen könne in Form von Seminaren und Workshops vermittelt werden. Angestrebt sind aber auch verschiedene E-Learning-Angebote, bei denen der Landwirt die theoretischen Lerninhalte zuhause am eigenen PC erwirbt und sein frisch erworbenes Wissen am Ende in einem Online-Test unter Beweis stellen muss.
Das praktische Üben der Betäubung bzw. Vorbereitung zur Kastration könnte dann unter Anleitung des Hoftierarztes im eigenen Betrieb erfolgen. Die Angleichung der Lerninhalte und die Anerkennung der Prüfer würde, so der Vorschlag, über die Bildungsgenossenschaft EQA sce erfolgen. Und die Sachkundenachweise könnten von der bundesweit tätigen Tiergesundheitsagentur TiGA
vergeben werden. Die TiGA wurde 2010 von etlichen Erzeugergemeinschaften und Viehvermarktungsorganisationen gegründet, um qualitativ hochwertige Ferkel mit dokumentiertem Gesundheitsstatus anbieten zu können.
Als nächste Aktionen plant die EQA sce gemeinsam mit Neuland am 14. August 2018 eine praktische Vorführung der Isofluran-Narkose in der Lehr- und Forschungsstation Frankenforst der Uni Bonn und ein anschließendes Seminar mit internationalen Experten aus der Wissenschaft zu den neusten Forschungsergebnissen zu allen Alternativen der betäubungslosen Ferkelkastration. Es gehe dabei insbesondere darum, den unterschiedlichen Schulungsbedarf bei den Alternativverfahren zu beleuchten. Während der EuroTier bzw. unmittelbar vor dem bpt-Kongress in Hannover ist für den 15. November 2108 eine weitere internationale Veranstaltung in Vorbereitung.