29.10.2021rss_feed

Nudging steht im Widerspruch zum Menschenbild des Grundgesetzes und widerspricht Grundsätzen des Datenschutzes

(c)BRS: Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio: „Die Erziehung der Bürger ‚zum Besseren’ durch Nudging ist für sich kein legitimer Wert.“

Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio, Richter am Bundesverfassungsgericht a. D., hat sich im Rahmen der Jahrestagung des Lebensmittelverbands Deutschland kritisch zu den Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (WBAE) geäußert. Der Verfassungsrechtler sieht vor allem das vom WBAE herangezogene Verbraucherleitbild problematisch: Das im Verbraucherschutz und im Wettbewerbsrecht gültige Leitbild des mündigen Verbrauchers entspricht auch dem Menschenbild des Grundgesetzes als einer selbstbestimmten, zur eigenen Entfaltung befähigten Persönlichkeit. Einseitig fokussierte ‚Ideale‘ einer vollständig gesteuerten, zieloptimierten Gesellschaft widersprechen diesem Menschenbild.

Frederick Richter, Leiter der Bundesstiftung für Privatheit und Datenschutz, nimmt eine Bewertung des Anstupsens aus Sicht des Datenschutzes vor und warnt: Gerade im Land der informationellen Selbstbestim­mung und der erstrebten Datenautonomie des Einzelnen sollte ein Gefühl von laten­ter Bevormundung und von ansatzweiser Unterwanderung eigener Entscheidungs­prozesse tunlichst vermieden werden.