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Die Aktivitäten der EU-Institutionen waren 2024 über weite Strecken geprägt durch die Europawahlen im Juni und die Einsetzung einer neuen Europäischen Kommission im Dezember. Gesetzgeberische Tätigkeiten konnten nicht in demselben Umfang durchgeführt werden wie in normalen Jahren. Die neuen politischen Mehrheitsverhältnisse, sowohl im Parlament als auch im Rat, haben Auswirkungen auf die grundsätzliche Ausrichtung der EU-Politik, ebenso wie der anhaltende russische Krieg gegen die Ukraine. Der Schwerpunkt verlagerte sich von der langfristigen Nachhaltigkeit von Lebensmitteln auf die unmittelbare Lebensmittelsicherheit und -souveränität, mit einer starken Betonung einer höheren Produktivität. Diese Verschiebung hat zu einem sehr schwierigen politischen Umfeld für einige Vorzeigeinitiativen aus der Farm-to-Fork-Strategie geführt.


BildAgora

Der von Präsidentin von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union im September 2023 angekündigte strategische Dialog über die Zukunft der Landwirtschaft in der EU wurde auf sieben Plenarsitzungen von Januar bis August organisiert und endete mit der Vorlage des Abschlussberichts Anfang September 2024. Ähnlich wie bei der Zukunftskommission Landwirtschaft in Deutschland waren weder Tierzuchtorganisationen noch Tierärzte direkt beteiligt, diese haben sich aber über europäische Dachverbände einbringen können. Die Ergebnisse des Strategischen Dialogs sollen in die vom neuen Agrarkommissar Christoph Hansen nach 100 Tagen im Amt vorzulegenden Vision für Landwirtschaft und Ernährung einfließen. In diesem Zusammenhang ist auch die Studie der Agora Agrar zur Zukunft der Landnutzung in einer klimaneutralen EU relevant und die ADT hat ihren Mitgliedern im Rahmen der Mitgliederversammlung Ende September exklusiv die Möglichkeit eröffnet, mit einem Vertreter des Think tanks über die Methodik und die Ergebnisse der Studie zu diskutieren.


Gemeinsam mit ihren Mitgliedern, und besonders dem BRS, hat die ADT 2024 die Diskussionen im Rat und im Europäischen Parlament über die Vorschläge zur Überarbeitung der EU-Vorschriften zum Schutz von Tieren beim Transport verfolgt. Wegen der Neuwahlen des EP und der Neubesetzung der Kommission wurden im abgelaufenen Jahr aber keine konkreten Ergebnisse erzielt. Die Beratungen werden 2025 an Fahrt aufnehmen.


Auch der ebenfalls im Dezember 2023 vorgestellte Verordnungsentwurf über das Wohlergehen von Hunden und Katzen, die zu wirtschaftlichen Zwecken gehalten werden, enthält einige spezifische Vorgaben zur Zucht, deren grundsätzlicher Ansatz möglicherweise von der KOM für die 2026 erwarteten Legislativvorschläge für landwirtschaftliche Nutztiere aufgegriffen werden könnte. Hier geht es in erster Linie um unerwünschte phänotypische Merkmale und ein Verbot von Mutilationen.


Zunehmende Relevanz haben auch die spezifischen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Nutzung neuer Genomtechniken in der Tierzucht. Die Kommission hat die Überarbeitung der entsprechenden EU-Gesetzgebung für die Pflanzenzucht angestoßen, um den Agrarsektor bei seinem Übergang zur Nachhaltigkeit zu unterstützen und einen angemessenen Rechtsrahmen für bestimmte Produkte der neuen Biotechnologien zu schaffen. Der Vorschlag steckt aber seit Mitte 2024 im Rat fest. Da die KOM der Ansicht ist, noch zu wenig Grundlagen für eine ähnliche Reglementierung für die Tierzucht zu haben, wurde in einem ersten Schritt zunächst ein wissenschaftliches Gutachten bei der EFSA in Auftrag gegeben (dessen Entwurf wurde im Januar 2025 für eine öffentliche Konsultation veröffentlicht).


Biosecurity

Im Jahr 2024 blieb die Tiergesundheitssituation angespannt. Es kam es zu größeren Ausbrüchen der Afrikanischen Schweinepest und der hochpathogenen Vogelgrippe ebenso wie der Blauzungenkrankheit (vor allem der neue Serotyp 3 machte Probleme) und der Epizootischen Hämarroghie (EHD). Die Berichterstattung über die von der EU ausgearbeiteten Rechtsakte sowie die Rückmeldung aus Sicht der Tierhalter stellten wie üblich einen Arbeitsschwerpunkt dar. Am 5. März 2024 fand in Brüssel ein europäisches Symposium zum Thema Biosicherheit in viehhaltenden Betrieben – Überblick und Strategien für die Zukunft statt. Die Konferenz stand unter der Schirmherrschaft der belgischen EU-Ratspräsidentschaft und war von der Europäischen Vereinigung für Tiergesundheit und gesundheitliche Sicherheit (FESASS) in Zusammenarbeit mit der belgischen Föderalagentur für die Sicherheit der Nahrungsmittelkette (FASNK) organisiert worden. Ziel der Veranstaltung war es, einen Überblick über die Bedrohungen und die bestehenden Normen zu geben, eine Bilanz der Errungenschaften im Bereich der Biosicherheit (insbesondere im Rindersektor) zu ziehen, ihre Relevanz und die Bedingungen für ihre Umsetzung zu bewerten und einen Blick in die Zukunft zu werfen. Eine Vertreterin der KOM erinnerte daran, dass das EU-Tiergesundheitsrecht kein eigenes Kapitel zur Biosicherheit enthält, aber in jedem Bereich ein präventiver Ansatz verfolgt wird und die Biosicherheit letztlich vom kollektiven Handeln aller Akteure abhängt. Die KOM wurde aus den Reihen der Mitgliedstaaten aufgefordert, EU-Leitlinien für die Biosicherheit zu erarbeiten.


Im Jahr 2024 hat die GD SANTE im Zuge der Weiterentwicklung und Verwaltung des EU-Tiergesundheitsgesetzes (AHL) wiederum einige Änderungen an den Gesetzestexten vorgenommen. Die ADT hat sich vor allem um den Delegierten Rechtsakt für die Genehmigung und Anerkennung des Status seuchenfrei von Kompartimenten, in denen Landtiere gehalten werden sowie um die Änderungen und Korrekturen der Delegierten Verordnungen 2020/687 (Prävention und Bekämpfung), 2020/688 (Verbringungen von Landtieren und Bruteiern innerhalb der Union) sowie 2020/692 (Eingang in die EU) gekümmert.


Im März 2024 startete die Kommission die im EU-Tiergesundheitsrecht (AHL) vorgesehene Bewertung des AHL, die im Frühjahr 2026 vorgelegt werden soll. Bei dieser Sondierung haben 942 Interessengruppen aus der gesamten EU Stellung bezogen. Die ADT hat federführend die Positionierung der FESASS betreut und auch an den Kommentaren von Copa-Cogeca mitgearbeitet. Ziel dieser umfassenden Bewertung ist es, die Wirksamkeit, Effizienz und Verhältnismäßigkeit, Kohärenz und den EU-Mehrwert der Grundverordnung 2016/429 und der auf ihrer Grundlage erlassenen delegierten und Durchführungs-Rechtsakten zu beurteilen. Bei der Bewertung soll auch ermittelt werden, ob der Gesetzesrahmen leicht zu verstehen und anzuwenden ist, um das Vertrauen in Tiere und ihre Erzeugnisse im Binnenmarkt zu stärken. Besonderes Augenmerk wird zudem auf das Vereinfachungspotenzial und die Verhältnismäßigkeit von Nutzen und Kosten gelegt.


Ein wichtiger Ort für den Austausch über die laufenden Arbeiten zur Überarbeitung der Tierschutzvorschriften ist die von der GD Sante verwaltete EU-Tierschutzplattform, in der die ADT über die FESASS einen Sitz hat. Üblicherweise trifft sich die Gruppe zwei Mal im Jahr, aufgrund der Änderungen bei der KOM wurde die Dezember-Sitzung 2024 aber abgesagt. Im Juni 2024 wurde unter anderem über das Mandat der KOM für die EFSA gesprochen, die durch ein neues wissenschaftliches Gutachten die Grundlage für einen Legislativvorschlag zum Wohlbefinden von Fleischrindern, Puten und Pelztieren legen soll. Außerdem wurde das von der EU geförderte Projekt ClearFarm vorgestellt, das Technologien der Präzisionsviehhaltung (Precision Livestock Farming, PLF) und die Integration tierbezogener Daten erforscht, um den Tierschutz in der Schweine- und Milchviehproduktion zu verbessern. Die Kommission gab eine Zusammenfassung der Rückmeldungen der Interessengruppen zum Kommissionsvorschlag über den Schutz von Tieren beim Transport und stellte die Zwischenergebnisse der Untergruppe für Tierschutzindikatoren vor.


Expla

Um wichtige Fragen rund um den Export von Rindergenetik, und hier insbesondere die Veterinärzertifikate, zu diskutieren, kamen die Mitglieder der Europäischen Plattform der Exporteure von Rindergenetik im vergangenen Jahr drei Mal zusammen. Unter dem Vorsitz des ADT-Geschäftsführers wurden die Entwicklungen des Handels mit Rindersamen besprochen und es fand ein Austausch über die durch Tierseuchen verursachten Einschränkungen beim Export statt. Gemeinsam mit der RepVet-Gruppe (Besamungsstationstierärzte und -tierärztinnen) wurde ein Brandbrief an die Kommission geschrieben, um auf die durch BTV-3 entstandenen Probleme hinzuweisen. Die GD SANTE bemühte sich um gute bilaterale SPS-Beziehungen mit wichtigen Handelspartnern, insbesondere dem Vereinigten Königreich, Kanada, Vietnam, Chile, Mittelamerika, Kolumbien, Ecuador, Peru, Japan und Neuseeland. Unter den Ländern, mit denen keine Abkommen bestehen, bleiben die USA, China, Indien, die Türkei, Brasilien und Argentinien die wichtigsten Prioritäten.


Dr. Hans-Peter Schons

Geschäftsführer / Director

 

Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierzüchter e. V. (ADT)

German Animal Breeders' Federation / Fédération des associations allemandes d'éleveurs d’animaux

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