Mitgliedergruppe Schwein
Auswirkungen von Tierseuchen auf den Markt
Für viele Schweinehalter war das Jahr 2024 von auskömmlichen Preisen geprägt, sodass mit der Schweinehaltung in vielen Betrieben wieder Geld zu verdienen war. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den Vorjahren viel Kapital auf der Strecke blieb und die aktuelle wirtschaftliche Situation den bitteren Beigeschmack vieler Betriebsaufgaben unserer Kolleginnen und Kollegen mit sich trägt. Schweine, vor allem Ferkel, sind immer wieder knapp am Markt – der Selbstversorgungsgrad nimmt ab; ein Umstand, der dem nachgelagerten Bereich und der Politik zunehmend gewahr wird.
Das letzte Jahr wird vielen Tierhaltern durch den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Hessen im Juni 2024 und dem erst kürzlich auftretende Fall der Maul- und Klauenseuche in einer brandenburgischen Wasserbüffelherde in Erinnerung bleiben. Letztgenannter führte erneut zu erheblichen Handelsrestriktionen, die auch mit der Rückerlangung des MKS-Freiheitsstatus am 13.03.2025 weitreichende Folgen für den Schweinemarkt haben werden. Seit dem Austritt Großbritanniens aus der EU gingen rd. 40 % der deutschen Schweine-Drittlandexporte dorthin. Der genaue Schaden durch ausbleibende Exporte kann derzeit noch nicht beziffert werden – er wird auf Millionenhöhe geschätzt. Es wird einige Zeit vergehen, bis deutsche Unternehmen die Drittlandmärkte wieder beliefern dürfen. Der wichtige Export durch Regionalisierungsabkommen in Seuchenzeiten trägt weiterhin zur Marktentspannung bei. Durch diese ergeben sich Vermarktungswege für Produkte, welche in der europäischen Union wenig gefragt sind – ein wichtiger Baustein, auch im Sinne der Nachhaltigkeit, um eine optimale Wertschöpfung von Schweinen zu gewährleisten.
Aktuelles aus der Politik
Neben den Tierseuchen führten auch die politischen Streitigkeiten des Jahres, die November 2024 im Bruch der ´Ampel-Koalition´ resultierten, für einige Verunsicherung in der Praxis. Tierhaltungskennzeichnung, Herkunftskennzeichnung, Baurecht, Wegfall der AFP-Förderung, Wegfall der Ringelschwanzprämie, Tierschutzgesetz; die Frequenz gesetzlicher Änderungen im Bereich der Schweinehaltung war selten so hoch.
Die vielfältigen Fallstricke beim Tierhaltungskennzeichnungsgesetz offenbarten sich kontinuierlich im Laufe des Jahres. Seit Inkrafttreten des Gesetzes im August 2023 warnte die Wirtschaft vor einem Meldechaos und einer innerdeutschen Marktverzerrung. Vorschläge entlang der Wertschöpfungskette für eine bundeseinheitliche Auslegung wurden jedoch nur in Teilen aufgefasst. Daher bewahrheiteten sich die Befürchtungen im Sommer 2024 und niemand wusste genau, was an wen gemeldet werden muss. Obwohl die Angleichung der ITW-Anforderungen an die staatliche Haltungsformkennzeichnung zum Jahreswechsel 2024/2025 zumindest einen Fallstrick beseitigt hat, bleibt weiterhin Interpretationsspielraum bei der Auslegung der Buchtenstrukturierungselemente der Haltungsform Stall+Platz in den einzelnen Ländern. Mit dem Regierungsbruch liegen nun zunächst alle Ausweitungen des TierHaltKennzG auf Eis – vom Einbezug der Sauen in die Kennzeichnung, der Ausweitung auf weitere Produkte, die Ausweisung der Kennzeichnung im Außer-Haus-Verzehr oder aber auch der Einbezug von anderen Tierarten, wie z.B. Rinder. Wie die Folgeregierung mit dem Gesetz umgehen wird, zeigt sich erst 2025 / 2026. Der BRS wird sich weiterhin für die Abschaffung des Gesetzes in seiner jetzigen Form aussprechen. Aktuell birgt es keinerlei Nutzen für die Landwirtschaft – es ist entweder abzuschaffen oder zumindest grundlegend zu reformieren.
Als weitere ´lame Duck´ erweist sich derzeit das Bundesförderprogramm zum Umbau der Tierhaltung (BUT). Schon im März 2024 warnte der BRS vor den zu hohen Anforderungen zur Teilnahme / der Inanspruchnahme der Förderung. So muss u.a. bei der Förderung der laufenden Mehrkosten nachgewiesen werden, dass mind. 70 % der Schweineschwänze unkupiert / intakt sind und auf den Einsatz von Hormonen verzichtet wird. Von den insgesamt 192 Anträgen Ende Februar für eine investive Förderung sind 110 positiv beschieden worden. Die meisten Anträge kommen dabei aus Niedersachen, Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Auch die Meldungen zur Förderung der lfd. Mehrkosten verlaufen mit 660 Anträgen schleppend und bleiben deutlich hinter den Erwartungen des zuständigen Referats der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Dort erkennt man ebenfalls, dass die Hürden durch die zugrundliegenden Richtlinien für die absolute Mehrheit der Schweinehalterinnen und Halter viel zu hoch liegen. Der BRS setzt sich deshalb für eine Überarbeitung der Förderbedingungen durch die Folgeregierung ein, damit deutlich mehr Betriebe Mittel abrufen können und Tierwohl auf breiter Basis angehoben werden kann. – Jedoch wird dieser Prozess ähnlich dem ursprünglichen EU-Notifizierungsverfahren äußerst langwierig verlaufen. Verschärft wird die Situation dadurch, dass wichtige Fördermöglichkeiten wie die AFP oder die Ringelschwanzprämie in Niedersachsen im Laufe des Jahres wegfallen sind. Aber auch die abnehmende Seite bringt unnötig Druck auf den Kessel, indem sie ankündigte, ab ca. 2030 nur noch Tiere aus höheren Haltungsformen vermarkten zu wollen. Fragen über die Herkunft dieser Tiere, eine sichere Vergütung des Mehraufwands und ob Verbraucherinnern und Verbraucher mehrheitlich überhaupt bereit sind, die höheren Preise zu zahlen, bleiben unbeantwortet.
Mit großer Sorge blickten Schweinehalter auf die geplante Novelle des Tierschutzgesetzes. Änderungen am sogenannten Qualzuchtparagrafen und auch die geplante Kennzeichnung verendeter Tiere hätten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn, dafür aber einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand bedeutet. Weiterer bürokratischer Aufwand hätte auch die Verschärfung der Risikoanalyse beim Aktionsplan Kupierverzicht bedeutet – der Entwurf sah vor, dass diese hätte alle vier Monate durchgeführt werden müssen. Die Anhebung der Schadschwelle von 2 auf 5 %, bei der die Tierhalter erst mit dem Kupieren beginnen dürfen, würde zu mehr Tierleid führen. Auch wenn die Novelle des Tierschutzgesetzes durch den Regierungsbruch erstmal vom Tisch ist, müssen wir uns dennoch auf anstehende Verschärfungen beim Kupierverzicht einstellen. Diese müssen jedoch im europäischen Gleichschritt erfolgen, denn während deutscher Landwirte schon lange mit strengen Auflagen kämpfen, sind in vielen EU-Ländern die Anforderungen weniger strikt.
Zu all den oben skizzierten Punkten und vielen weiteren hat die BRS-Geschäftsstelle im letzten Jahr Stellung bezogen und Beiträge in verschiedenen Fachzeitschriften platziert. Maßgeblich hieran beteiligt ist der Fachbeirat Schwein des BRS und seine verschiedensten Mitglieder, die es zu verstehen wissen, Entwürfe richtig einzuordnen. Ein Regelmäßiger Austausch durch Videokonferenzen trägt weiterhin dazu bei, dass der BRS am Puls der Zeit bleibt und Themen, wie z.B. die Aussetzung der Umbaufrist der Abferkelbuchten bei Bestandsbauten fordert.
Die nächste Regierung wird wahrscheinlich Schwarz-Rot zusammengesetzt sein – nun gilt es, unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Gremien- und Öffentlichkeitsarbeit
Mitarbeiter der BRS-Geschäftsstelle wirkten auch 2024 wieder an verschiedenen Gremien mit. Ob in der Steuerungsgruppe der Initiative Fleisch, dem Bundesmarktverband, QS-Arbeitsgruppen zum Bürokratieabbau, den Beiräten der Landwirtschaftskammern oder auch dem Beirat Schwein (Netzwerk Fokus Tierwohl) indem unterschiedlichste Themen zur Tierhaltung und Tierwohl diskutiert werden. In Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit sei an dieser Stelle die enge Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen der Zeitschrift Schweinezucht und Schweinemast (SuS) zu nennen. Weiterhin unterstützt der BRS den Ceres Award von Agrarheute seit 2024 als ideeller Partner. Das heißt, dass BRS-Mitarbeiter sich in der Jury beteiligen.
Erzeugerringdatenbank und Zucht
Ende Februar 2025 lieferten 189 Ferkelerzeuger und 1.438 Mäster Daten in die Erzeugerringdatenbank (erzeugerring.info/). Die abnehmende Zahl schweinehaltender Betriebe spiegelt sich somit auch in der Datenbank wider. Im Allgemeinen ist festzustellen, dass sich die biologischen Leistungen sowohl in der Ferkelproduktion als auch in der Mast weiterhin auf einem sehr guten Niveau im europäischen Vergleich befinden. Eine Neuausrichtung der Produktion hin zu den höheren Haltungsformen lässt sich aus der Auswertung des Zeitraums 2023/2024 nicht ablesen – Die LEH-Haltungsform stellten sich in der Mast wie folgt dar: HA 1: 27,5 %, HA 2: 64,8 %, HA 3: 2,8 %, HA 4: 1,2 %, Sonstige: 2,6 %. Für die Auswertung 2024/2025 muss die Datenbank auf den neuen gesetzlichen Standard entsprechend dem Tierhaltungskennzeichnungsgesetz angepasst werden. Ebenso zeigt sich anhand der Mastdaten, dass rd. 79 % aller Betriebe vollständig kupierte Tiere halten. Rd. 16 % der Betriebe halten Tierbestände, wo 1 – 5 % der Schweine nicht kupiert wurden. Auffallend ist, dass die Tierarztkosten in den höheren Haltungsformen ansteigen – es werden höhere Entwurmungskosten als Vermutung angestellt. Die jährlichen Treffen der sog. Erzeugerringprojektgruppe, die Erzeugerringgeschäftsführersitzungen und die der Datenbankexperten fanden auch 2024 statt. Ebenfalls wurden Daten für die DLG-Spitzenbetriebe zur Verfügung gestellt.
2024 organisierte der BRS die jährliche Arbeitssitzung der Leiter der Leistungsprüfungsanstalten für die stationäre Nachkommenprüfung beim Schwein. Sie dient dem Erfahrungsaustausch und der Überprüfung der Richtlinien mit dem Ziel, die Ergebnisse überregional vergleichen zu können. Nur noch wenige Bundesländer führen derartige Prüfungen durch; das sind v.a. Bayern, Baden-Württemberg und in begrenztem Umfang Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.
Gastgeber der jährlichen ´KB-Jahrestagung´ war diesmal die BHZP – Vielen Dank nochmal an dieser Stelle an die Gastgeber für das gelungene Rahmenprogramm. Die Jahrestagung dient dem vertrauensvollen Austausch der Zucht und Besamungsorganisationen im deutschsprachigen Raum. Mit dem Ausbreiten der ASP nimmt die Bedeutung des BRS-Beistandsvertrags rapide zu. Die GFS konnte anhand ihres Fallbeispiels aufzeigen, wie groß der Aufwand zur ´Evakuierung´ eines Eberbestands ist.
Abschied von Klemens Schulz
Abschließend wollen wir uns von Klemens Schulz verabschieden. Er ist im Dezember 2024 nach 30 Jahren Verbandsarbeit in den wohlverdienten Ruhestand gegangen. In diesen drei Jahrzehnten, die zunächst von überregionalem Austausch und Leistungssteigerungen geprägt waren und in den letzten Jahren zunehmend von Tierwohl und -gesundheit, lernten die meisten von Ihnen, die regelmäßig mit ihm zusammenarbeiteten, ihn als Person kennen, die selbst nie im Mittelpunkt stehen wollte. Er überzeugte durch seinen unerbittlichen Arbeitsgeist – immer bestrebt, den bestmöglichen Kompromiss für beide Seiten zu finden. Er verfügt über ein enormes Netzwerk und es wäre falsch zu behaupten, dass der Ruhestand eines solchen Mitarbeiters vollkommen spurlos an einer Organisation vorbeigeht.
Der BRS sagt Danke Klemens!